Nein, Farben sind für alle da! Es gibt keine Farben, die speziell für Jungen oder Mädchen gedacht sind – auch wenn der Blick in die Spielzeugregale und Bekleidungsabteilungen in vielen Geschäften Gegenteiliges vermuten ließe. Wenn es nach der Meinung der Industrie geht, scheinen Jungs und Männer blau und dunkle Farben zu präferieren, während Mädchen und Frauen rosa und pink mit einer Portion Glitzer lieben. Die Vorstellung, dass bestimmte Farben „von Natur aus“ mit dem Geschlecht verbunden sind, ist aber ein rein gesellschaftliches Konstrukt und variiert je nach Kultur und historischer Epoche.
Vorlieben für Farben sind kulturell geprägt
In vielen westlichen Kulturen gibt es seit etwa einem Jahrhundert die Verbindungen von Blau mit Jungen und Rosa mit Mädchen. Dieser Zusammenhang ist jedoch weder universell noch biologisch begründbar. Er wurde vor allem durch Gender-Marketing populär gemacht. Tatsächlich galt Rosa (das kleine Rot) vor dem 20. Jahrhundert als eine eher maskuline Farbe, da es mit Blut und Stärke und somit mit Königen und dem Adel verknüpft wurde. Blau, die Farbe der Jungfrau Maria, wurde traditionell eher mit Weiblichkeit assoziiert.
Es ist also immens wichtig zu erkennen, dass Lieblingsfarben vielmehr eine persönliche Präferenz sind und keine inhärente, geschlechtsspezifische Bedeutung haben. Aber Präferenzen werden natürlich auch von dem Umfeld, in dem wir uns bewegen, geprägt. Je mehr Stereotypen wir ab Klein auf ausgesetzt sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns von der vermeintlich „typischen“ und „richtigen“ Farbe für unser Geschlecht angezogen fühlen. Je weniger Auswahl es gibt bzw. je binärer das farbliche Angebot bei Kleidung, Spielzeug und mehr ausfällt, desto wahrscheinlicher, dass die sogenannte Rosa-Hellblau-Falle zuschnappt.
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Bunt ist gut für die Entwicklung der Kleinen
Wenn Kinder aber dazu ermutigt werden, eine breite Palette von Farben zu erkunden und lieben zu lernen, kann das dazu beitragen, Kreativität und Aufgeschlossenheit zu fördern und die Persönlichkeit des Kindes in den Vordergrund zu stellen – unabhängig von dem jeweiligen Geschlecht. Zum Glück gibt es eine wachsende Bewegung, die sich mit Geschlechterstereotypen, auch solchen im Zusammenhang mit Farben, auseinandersetzt. Viele Eltern und Pädagog*innen befürworten mittlerweile einen neutralen Umgang mit Farben, damit Kinder sich ausdrücken können, ohne durch veraltete Geschlechternormen eingeschränkt zu werden.
Worte von Kunsthistorikerin Dr. Friederike Südmeyer
Zum Launch dieser Webseite haben wir ein wunderbares Event mit vielen Freund*innen feiern dürfen – zu dem wir auch die Kunsthistorikerin Dr. Friederike Südmeyer eingeladen haben. Vor Ort hat sie eine tolle kurze Rede gehalten, die wir hier gerne mit Euch teilen möchten:
“Farbe berührt und begegnet uns überall, in der Natur, in der Mode, in der Architektur und natürlich in der Kunst. Farbe kann Empfindungen wie Glück und Freude, Einsamkeit und Melancholie auslösen, und in der Kunst lassen sich durch Farben existenzielle und universelle Themen wie Leben, Liebe und Tod darstellen. Wir kommunizieren über die jeweilige Farbwahl nach außen und nach innen, und es spiegelt sich darin unsere individuelle Persönlichkeit. Blau zum Beispiel, ist die einzige Farbe, so Franz Marc, bei der er sich wohl fühlt! Und ein tiefes Schwarz kann, aber muss nicht für Traurigkeit stehen, genauso wie Rot eine leidenschaftliche Sinnlichkeit bedeuten kann, aber nicht muss. Farbe kann beruhigen oder aufrühren, Farbe kann faszinieren und in den Bann ziehen, Farbe kann irritieren und abschrecken, die Palette an individuellen Wirkmechanismen ist breit. Außer Frage jedoch steht, dass Farbe inspiriert, und unsere Phantasie, unsere Kreativität entfacht! Eigenschaften also, die wir gerade in unseren Kindern von klein auf stärken wollen, dies aber nicht tun, wenn wir sie in ihrer intuitiven Farbwahl beeinflussen oder gar reglementieren.
„Ich liebe das Leben. Ich liebe die Welt. Ich liebe die Farbe,“ schreibt Paula Modersohn-Becker 1919, und damit in einer Zeit, in der Frauen endlich und erstmals in Deutschland überhaupt Kunst studieren durften! Warum sollten wir nun, rund hundert Jahre später, auf all die Möglichkeiten einer kreativen Entfaltung verzichten? Warum sollten wir die Farbwahl unserer Kinder schon von Beginn an auf Rosa oder Blau beschränken? Und damit Chiffren stereotyper Rollenbilder im kindlichen Alltag befürworten, die wir eigentlich längst überwunden haben müssten? Umgekehrt dürfen wir Rosa oder Blau nicht tabuisieren, sondern wir sollten unsere Kinder lieber dazu ermutigen, die gesamte Palette, ja das „Rauschende, Volle und Erregende“ in der Farbe zu suchen, um die ganze schöpferische Kraft der Farbenwelt individuell zu testen und zu erleben. Denn es ist an der Zeit, dass alle Farben wirklich für alle da sind!”