Liebe Natascha, was hat Dich dazu inspiriert, Madame Moneypenny zu gründen und Dich auf die finanzielle Bildung von Frauen zu konzentrieren?
Ich hatte einen 18.000 Euro teuren Aha-Moment. Damals hatte ich mich „kostenlos“ und „unabhängig“ beraten lassen und eine private Rentenversicherung abgeschlossen. Dafür zahlte ich am Ende fast 18.000 Euro Gebühren und hatte ein Produkt, das nicht zu mir und meinem Lebensentwurf passte. Die Versicherung war ein guter Deal für die Maklerin – sie hat eine beachtliche Provision dafür bekommen – aber ein sehr schlechter Deal für mich. Ich war naiv und bequem, weil ich die Verantwortung abgegeben habe, weil ich nicht verstanden habe, was ich da eigentlich tue. Dieses Erlebnis hat mich dazu motiviert, mich finanziell weiterzubilden und meine Finanzen endlich selbst in die Hand zu nehmen. Ich fing an, als “Madame Moneypenny” über meine eigenen Erfahrungen zu bloggen. Was als Blog angefangen hat, ist heute eine deutschlandweite Bewegung. Mit allem, was ich tue und mit allem, was Madame Moneypenny ist, wird eine Mission verfolgt: Frauen in die finanzielle Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zu begleiten. Man darf die Verantwortung nicht abgeben, nicht an Berater*innen, nicht an Banken und auch nicht an Partner*innen.
Inwiefern spielt die Erziehung aus deiner Sicht eine Rolle bei der Entstehung des Gender Pay Gaps und des Care Gaps?
Die Erziehung spielt eine extrem wichtige Rolle, wenn es um den Umgang mit Geld und die Entstehung von Geschlechterrollen geht. Glaubenssätze über Geld entstehen schon in der Kindheit und werden durch das Verhalten und die Einstellungen der Eltern stark beeinflusst. Wenn beispielsweise immer der Vater bezahlt und die Mutter zu Hause bleibt, wird schon in der frühkindlichen Phase ein bestimmtes Rollenbild vermittelt, das Männer als Hauptverdiener und Frauen als Hausfrauen darstellt. Dabei spielen nicht nur finanzielle Aspekte eine Rolle, sondern auch die Aufgabenverteilung im Haushalt. Wenn nur die Mutter kocht, die Wäsche aufhängt und sich um die Kinder kümmert, lernen Kinder, dass diese Aufgaben eher für Frauen bestimmt sind. Deshalb ist es wichtig, dass Mädchen lernen, dass sie auch „viel Geld verdienen dürfen“ und dass finanzielle Unabhängigkeit für beide Geschlechter ein Ziel sein sollte. Gleichzeitig muss Jungen beigebracht werden, dass Haushalt und Kindererziehung Aufgabe beider Elternteile sind. Wenn beide Geschlechter diese Werte schon früh mit auf den Weg bekommen, ebnet es den Weg in Richtung Chancengleichheit und einer gerechteren Verteilung der Care-Arbeit. Eine Erziehung, die Gleichberechtigung priorisiert und traditionelle Rollenbilder hinterfragt, ist daher entscheidend.
Wie können Eltern bereits im Kinderzimmer den Grundstein für eine finanzielle Unabhängigkeit ihrer Kinder legen? Und wie können sie besonders ihre Töchter fördern?
Ab einem bestimmten Alter kann Taschengeld eingeführt werden, um den Umgang mit Geld zu üben. Verschiedene Spardosen für Sparen, Spenden und Ausgaben helfen den Kindern zu lernen, dass nicht alles sofort verfügbar ist und dass man für bestimmte Dinge sparen muss. Außerdem sollte man positive Glaubenssätze vermitteln, wie „Es gibt genug Geld für alle“ oder „Mit Geld kann ich Gutes tun“, anstatt negative Ansichten über Geld zu verbreiten, wie “Geld ist schlecht”, “Wer viel Geld hat, ist geizig und hat es nur, weil er es anderen wegnimmt”. Als Eltern sollte man frühzeitig für seine Kinder sparen, indem man ab der Geburt ein Depot einrichtet und regelmäßig Geld einzahlt. Auch Geldgeschenke zu Geburtstagen können ab einem gewissen Alter sinnvoller sein, als das hundertste Kuscheltier. Besonders bei Töchtern ist es wichtig, sie in ihrer finanziellen Bildung zu fördern und ihnen Selbstbewusstsein im Umgang mit Geld beizubringen.
Welche praktischen Tipps hast Du für Eltern, um ihre Kinder – unabhängig vom Geschlecht – frühzeitig an das Thema Geld und Finanzen heranzuführen?
Man sollte so früh wie möglich gemeinsame Systeme schaffen. Es ist wichtig, dass Eltern geduldig sind und ihrem Kind Zeit geben, den Umgang mit Geld zu lernen. Mit den richtigen Tipps und viel Unterstützung können Kinder lernen, verantwortungsvoll mit Geld umzugehen und so eine gute finanzielle Basis für ihr späteres Leben schaffen. Schon im Kleinkindalter können spielerische Ansätze die Grundlage für einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld schaffen.Eltern sollten ihre Kinder auch aktiv in finanzielle Entscheidungen einbeziehen, sei es beim Einkaufen im Supermarkt oder bei der Planung von gemeinsamen Ausflügen. Entscheidungen, die man als Familie trifft und offene Gespräche über Geld fördern die Finanzkompetenz der Kinder enorm – vor allem, wenn man bereit ist, alle Fragen offen und ehrlich zu beantworten.
Welche Rolle spielt das Vorbildverhalten der Eltern in Bezug auf finanzielle Bildung?
Ganz allgemein geht es darum, dass Kinder und Jugendliche schon früh achtsame Geldentscheidungen treffen können. Finanzielle Gewohnheiten, die ihnen vorgelebt werden, bekommen sie schon vor dem siebten Lebensjahr mit.
Kannst Du Beispiele für Spiele oder Aktivitäten nennen, die Kindern auf spielerische Weise finanzielle Bildung vermitteln?
Man kann beispielsweise verschiedene Spardosen für das Taschengeld basteln: für kurzfristige Wünsche, zum Sparen, für einen Traum oder für Spenden. So können Kinder auf konkrete Sparziele hinarbeiten. Das Konzept des Spendens kann man gut erklären und dem damit Kind sehr gut vermitteln, dass man mit Geld Gutes bewegen kann. Mit ihnen einen “Kassensturz” vom Sparschwein zu machen, kann den Effekt des Sparens gut veranschaulichen und die Kleinen motivieren, am Ball zu bleiben. Um das erste eigene Geld zu verdienen eignen sich Kinderflohmärkte, auf denen Spielzeug verkauft werden kann. Auch Spiele wie Monopoly eignen sich gut. Wenn es etwas komplexer sein darf: Den Unterschied zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten erklären. Und den Unterschied zwischen “brauchen” und “wollen”. Zum Lernen helfen hier auch Finanzbücher für Kinder.
Welche Ressourcen und Materialien empfiehlst Du Eltern, um sich selbst und ihre Kinder über finanzielle Bildung zu informieren?
Wenn Eltern in ihre eigene finanzielle Bildung investieren, können sie dieses Wissen in die Erziehung einbinden und so ihre Learnings an die nächste Generation weitergeben. Außerdem gibt es mittlerweile tolle Bücher, Podcasts, Spiele, YouTube Videos und Zeitschriften, die Wissen verständlich vermitteln – sowohl für Eltern, als auch für Kinder.
Wie siehst Du die Zukunft der finanziellen Bildung für Frauen in Deutschland, und welche Schritte sind notwendig, um den Gender Pay Gap und Care Gap weiter zu reduzieren?
Finanzielle Bildung ist die Zukunft. Wenn man bedenkt, dass unsere Großmütter bis 1962 nicht einmal eigene Konten haben durften, haben wir seitdem schon viele Fortschritte gemacht. Dennoch merke ich täglich, dass noch sehr viel zu tun ist: angefangen bei den Konsumgewohnheiten vieler Frauen bis hin zum Thema Investieren. In Deutschland investieren 75 Prozent der Frauen nicht – da sind wir im internationalen Vergleich total hinterher. Vor allem in der Politik muss deshalb etwas getan werden. Es müssen mehr Anreize geschaffen werden, um Frauen zu unterstützen. Das Ehegattensplitting setzt falsche Anreize, indem es oft wirtschaftlich attraktiver ist, dass ein Partner – meist die Frau – weniger arbeitet oder gar nicht berufstätig ist. Auch die Reduktion des Elterngelds war kein guter Schritt, da sie Frauen in finanzielle Abhängigkeit vom Partner stürzt, wenn sie während der Elternzeit kein eigenes Geld erhalten.
Fotocredit: Miriam Hagen