Feministisch Kindergeburtstag feiern

»Ganz egal, ob die Erinnerung an die eigenen Ehrentage in der Kindheit prall gefüllt
sind mit Farben, zuckersüßklebrigem Gebäck und lustigem Sackhüpfen oder ob es eher schmerzt, zurückzudenken – Kindergeburtstage sind etwas Großes.
Und weil Großes gelingen soll, fallen wir in Muster zurück, die uns vertraut vorkommen: die backende Mutter, die kümmernde Mutter, die organisierende Mutter…                                                                              

Aus dem “Buch, das Du gelesen haben solltest, bevor du Mutter wirst” von Johanna Fröhlich Zapata                

Die Utopie eines Kindergeburtstags — Wie es sein könnte

Du schlägst deinen Kalender auf und siehst es gleich: Dein Kind ist jetzt genau vier Jahre und elf Monate alt. Es ist also mal wieder »Ach-herrje- in-einem-Monat-ist-schon-dein-Geburtstag-Tag«. Mütter kennen diesen Tag alle. Väter natürlich auch. Am Nachmittag sitzen dein Kind und sein Vater gemeinsam am Tisch und schmieden Pläne für den großen Tag. Du ziehst im Flur deine Jacke aus und hörst nur Gesprächsschnipsel. Sie besprechen gerade, wer eingeladen sein wird, was bekanntermaßen ein schwieriges Thema ist. Da sind einmal die Kinder, die zum harten Kern gehören, die Kinder, bei denen euer Kind eingeladen war, und dann wären da noch die Kinder, die nie irgendwo eingeladen werden und mit denen dein Kind Mitleid hat. Wo werdet ihr diesmal die Grenze ziehen? Du bist dankbar, dass ihr das als Team entscheiden werdet.                                              

Dein Partner hat einen Block vor sich liegen und macht sich Notizen. Er schreibt jede einzelne Aufgabe auf, damit ihr nicht erst auf den letzten Drücker feststellt, dass irgendetwas nicht bedacht wurde. Das sorgt schließlich nur für Stress. Genau wie manche Konventionen, die für euch keinen Sinn machen. Die fliegen raus aus der To-do-Liste, denn der Geburtstag ist ein Tag für euer Kind, kein Wettbewerb unter Eltern, wer die größte Gaudi oder das glanzvollste Fest organisieren kann. Als alles besprochen ist, teilt ihr auf: Einladungskarten, Kuchen, Spiele, kleine Mitbringseltütchen, die Wünsche des Kindes an die Eltern der anderen Kinder weitergeben … all das steht auf dem Papier, und ihr signalisiert euch mit einem kurzen Blick, dass noch einige geheime Vorbereitungen ergänzt werden, wenn der Nachwuchs im Bett liegt und dort bestimmt wieder unverschämt schnell weiterwächst. Am Abend vor dem Geburtstag bringt dein Partner Geschenkpapier, Klebeband und Scheren an den Küchentisch. Dann kramt er in seiner Tasche und fischt ein kleines Päckchen heraus. Er hat Tesa nachgekauft. Wie umsichtig! Neben euch liegt die kleine Liste mit den Zuständigkeiten, und ihr hakt einen Punkt nach dem anderen ab, während sich der Küchentisch in einen regenbogenbunten Geburtstagstisch verwandelt. Noch ehe du am nächsten Morgen aufstehst, um das Geburtstagskind zu wecken, drehst du dich zu deinem Partner um: »Herzlichen Glückwunsch zu fünf Jahren Vaterschaft!«, flüsterst du ihm ins Ohr. »Du bist ein so wunderbarer, präsenter Vater. Unser Leben ist so viel schöner geworden, seit dieses Kind geboren ist, oder?«                            

Er nickt und nimmt dich fest in den Arm. »Ich hab immer versucht, genauso sehr Vater zu sein, wie du Mutter bist. Aber ich weiß auch um all die Dinge, die wir nicht durch zwei teilen konnten. Die Schwangerschaft, die Geburt, das nächtliche Stillen. Hier hatte die Gleichheit einfach ihre Grenzen, aber ich möchte, dass du weißt, wie dankbar ich dir dafür immer sein werde. Ich weiß und werde dir nie vergessen, was du geleistet hast, damit wir eine Familie sind! Danke!« Mit diesem Gefühl der Wertschätzung und Dankbarkeit wirst du heute durch den Tag gehen, an dem du vor fünf Jahren zur Mutter geworden bist. Du weißt, das ist der Tag deines Kindes, aber irgendwie ist es auch der Jahrestag eurer Familie. An diesem Tag, den ihr heute feiert, habt ihr ein ganz neues Kapitel aufgeschlagen und ganz viel lernen müssen über Abhängigkeiten, Verbindlichkeiten und Teamgeist. Über Unterschiede, die man nicht wegreden kann, und über Unterschiede, die künstlich erzeugt und seit Generationen toleriert werden. Ihr habt euch von Letzteren losgesagt und euer Ding durchgezogen. Und während dein Kind die Kerzen auspustet und auf die Erfüllung seiner Geschenkwünsche hofft, hoffst du mit ganzem Herzen, dass sich in deiner Generation der Wind ein für alle Mal gedreht hat. Dass eure Kinder aus ihren Geschichtsbüchern erfahren, dass es abwesende Väter gab, die vierzig Stunden in der Woche einfach weg waren, während Mama allein die Care-Arbeit erledigte. Und dass sie darüber genauso fassungs- los den Kopf schütteln werden wie über den Ausdruck Working Mum, zu dem es keinen Working Dad als Pendant gab, was im Grunde für beide Seiten diskriminierend war. Dass sie erschrocken sein werden darüber, dass viele Jungs früher aus Angst, gehänselt zu werden, kein Pink trugen. Und dass auf Kindergeburtstagen Sätze fielen wie: »Was? Das hat dein Vater gebacken? Der kann backen? Unglaublich!«            
Während der Feier mit der Familie seid ihr alle achtsam miteinander. Das Schöne an Familie ist ja, dass sich niemand wie ein Gast fühlen muss. Jede*r darf es sich auf ihre oder seine Weise gut gehen lassen, und alle packen mit an. Am Ende wisst ihr gar nicht so genau, wie die Kuchenreste in den Kühlschrank gekommen, die Spülmaschine ausgeräumt und der verkleckerte Apfelsaft vom Boden gewischt wurde. Alle haben einfach nur ein bisschen was getan. Die meiste Zeit aber habt ihr euch unterhalten, die neue Murmelbahn bespielt, Opa auf dem Twisterfeld angefeuert und euer Zusammensein gefeiert.                                          

Spätabends kommen sie dann aber doch noch, die After-Birthday- Blues-Tränen eures Kindes. Ihr sitzt zu zweit am Bett und habt Zeit, euch gemeinsam darum zu kümmern. Schließlich sah die Wohnung schon wieder so aus wie vor der Party.                                                                   

»Gönnt euch mal eine kurze Pause«, hatte die Nachbarin gesagt und sich den Staubsauger geschnappt. Beinahe hättest du mit einem »Nicht doch, das machen wir schon!« abgelehnt, wie es deine Mutter getan hätte. Aber dann hast du genickt, dich bedankt und daran gedacht, dass du das bei nächster Gelegenheit genauso für sie machen wirst …

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