Wie kann die Wahl von Spielzeug Geschlechterstereotypen aufbrechen? Dana Willms von Finanztip im Interview

Dana lächelt frontal in die Kamera

Dana, du bist bekannt dafür, dass dir Gleichberechtigung in der Elternschaft besonders wichtig ist. Wie kam es dazu, dass dir dieses Thema so am Herzen liegt? Und wie verbindest du diese Passion mit deinem Beruf als Head of Female Finance bei Finanztipp?

Dana: Die Idee der gleichberechtigten Elternschaft war schon da, bevor die Kinder kamen. Ich wollte keine klassische Rollenverteilung. Die Mütter, die ich kannte, arbeiteten meist in Berufen mit wenig Verantwortung. Das wollte ich für mich so nicht. Mir fehlten alternative Vorbilder, daher wollte ich zunächst auch keine Kinder. Mein Partner hingegen hatte einen Kinderwunsch. Also haben wir darüber gesprochen, wie wir uns das Leben als Eltern vorstellen könnten. Für mich war klar: Das geht nur gemeinsam und gleichberechtigt. Ich will beruflich genauso am Ball bleiben wie er. Das war auch für ihn vorstellbar. Erst als das klar war, konnte ich mich mit dem Gedanken anfreunden, Mutter zu werden.

Als Head of Female Finance liegt es mir am Herzen, die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen zu fördern. Das ist vor allem für Mütter oft ein Problem. Durch berufliche Pausen und langjährige Teilzeit tragen sie die finanziellen Auswirkungen der Elternschaft oft allein.

Mir ist es ein Anliegen, diese klassische Aufgabenverteilung von Familie und Beruf zu hinterfragen. Ich sehe die vielen Vorteile der gleichberechtigten Elternschaft. Mein Mann zum Beispiel hat ein genauso enges Verhältnis zu unseren Kindern wie ich. Und der Beruf ist für uns beide neben der Familie auch ein sinnstiftender Aspekt. Natürlich kann diese Gleichberechtigung auch anstrengend sein – keine Frage. Für uns überwiegen aber die Vorteile.

Natürlich muss jedes Paar für sich entscheiden, wie es Familie und Beruf aufteilt. Ich finde nur wichtig, dass auch bei der klassischen Rollenverteilung die Finanzen mitgedacht werden. Wenn nur ein Elternteil beruflich kürzertritt und die Familienaufgaben bewältigt, sollte ein finanzieller Ausgleich erfolgen.

In deinem Erfahrungsbericht zur gleichberechtigten Elternschaft betonst du die Wichtigkeit von Gleichberechtigung auch in der Kindererziehung. Wie kann ein bewusster Umgang mit Farben und Spielzeug zu einer gerechteren Erziehung beitragen?

Dana: Ich finde es schockierend, wie früh Kinder bereits wissen, welche Farben und Spielzeuge für Jungs und welche für Mädchen gedacht sind. Damit werden Rollenbilder zementiert. Ich mach‘s mal sehr plakativ:

Mädchen werden oft Puppen geschenkt. Ihnen wird also bereits in frühstem Kindesalter nahegelegt, sich zu kümmern. Dann werden sie in hübsche, rosa Kleider gesteckt, in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, für ihr Aussehen gelobt und kritisiert, wenn das neue Kleid zerrissen ist, weil sie wild herumgetobt haben. Sie lernen also, dass es sich lohnt, hübsch auszusehen und „brav“ zu sein.

Jungs hingegen erhalten Bälle, Lego oder Technik – Spielzeug, das zur Bewegung und zum logischen Denken anregt. Sie werden eher für ihr Handeln gelobt statt für ihr Aussehen – lernen also, dass es sich lohnt, Sachen auszuprobieren.

Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, wenn ein Mädchen gern mit Puppen und ein Junge gern mit dem Ball spielt. Wir sollten nur allen Kindern alles anbieten. Wir schränken unsere Kinder stark ein, wenn wir ihnen nur das Spielzeug anbieten, was sich an ihr Geschlecht richtet. Wie soll denn ein Mädchen herausfinden, ob es gerne mit einem Ball spielt, wenn es nur Puppen bekommt? Und wie soll ein Junge das Interesse fürs Puppenhaus entwickeln, wenn zu Hause nur Bausteine und Fahrzeuge sind? Kinder sollten vielmehr das Recht haben, sich auszusuchen, womit sie spielen wollen und so selbst entdecken, was die eigenen Stärken und Interessen sind. 

Du hast viel über finanzielle Bildung geschrieben und setzt dich für Gleichberechtigung in diesem Bereich ein. Denkst du, dass das Aufbrechen von Geschlechterstereotypen schon bei der Spielzeug- und Farbwahl dazu beitragen kann, Mädchen und Jungen gleichberechtigter auf die Zukunft vorzubereiten?

Dana: Ich denke ja. Wenn wir selbst nicht mehr in Schubladen wie „das ist für Mädchen“ oder „das ist nur für Jungs“ denken, eröffnen wir den Handlungsraum für beide Geschlechter. Jungs, die früh mit Puppen spielen, können ihre empathische Seite entdecken. Und Mädchen, die in robusten Hosen auf Bäume klettern und Kampfsport lernen oder raufen, spüren ihre körperliche Kraft. Das verhindert, dass Kinder sich aufgrund ihres Geschlechts, nicht ihrer persönlichen Neigung nach, so verhalten, wie es die Gesellschaft erwartet: Das angepasste brave Mädchen, der wilde verspielte Junge. Das innerlich wilde Mädchen und der empathische Junge werden sich dann immer irgendwie falsch fühlen. Ihnen zu zeigen, dass alle Farben und Spielsachen für alle da sind, suggeriert den Kindern, dass sie in Ordnung sind, so wie sie sind.

In vielen Kindergärten und Spielzeuggeschäften sieht man immer noch klar getrennte „Mädchen-“ und „Jungen-Abteilungen“. Wie siehst du diese Trennung, und was denkst du, wie man sie durchbrechen kann?

Dana: Ich wünsche mir Spielzeuggeschäfte getrennt nach Themen statt nach Geschlecht. Kinder realisieren schon sehr früh, was von einem Jungen oder von einem Mädchen erwartet wird und an wen sich bestimmtes Spielzeug richtet. Es kostet also sehr viel Überwindung für einen Jungen, in die rosa und glitzernde Abteilung zu laufen und zu schauen, was ihn dort interessiert. Kinder verstehen, welches Spielzeug für sie gemacht ist und passen sich dem an – egal, ob dies ihrer Neigung entspricht oder nicht.

In Kindergärten sehe ich Fortschritte. Dort gibt es – zumindest in den Einrichtungen, die ich kenne, – zum Beispiel keine Mädchen- und Jungsecke mehr, sondern die Bau- und Puppenecke. Allein mit einer veränderten Benennung fühlen sich alle Kinder eingeladen.

Bei Festen erlebe ich aber leider noch immer, dass z.B. Mädchen rosa Taschen und Jungs blaue Taschen erhalten. Oder dass Lieder eingeübt werden, in denen Mädchen andere Tanzstile erlenen als die Jungs. Hier wünsche ich mir mehr Weiterbildung, um das Personal für einen geschlechtergerechten Umgang zu sensibilisieren.

Welche Rolle spielen Eltern bei der Auflösung solcher Geschlechterstereotypen? Wie kann man als Eltern bewusst darauf achten, die Kinder nicht durch farbliche Vorgaben oder Spielzeugauswahl in Rollen zu drängen?

Dana: In den Schwangerschaften habe ich allen gesagt, dass sie uns bitte nichts Blaues und nichts mit Fahrzeugen drauf schenken sollen. Und ich habe selbst bunte Sachen gekauft, die nicht eindeutig für Mädchen oder Jungs gemacht sind. Ich habe auch geschenkte Sachen, die mir zu stereotypisch waren, einfach weitergeschenkt.

Ich habe aber auch schmerzlich erlebt, dass der eigene Einflussbereich mit dem Alter des Kindes rapide abnimmt. Während meine beiden Jungs anfangs noch gerne Glitzer, pink und rosa getragen haben, wurde das im Kindergarten mit etwa 3 Jahren auf einmal komplett abgelehnt. Das ist vermutlich das Alter, in dem die Kinder realisieren, was typisch für ihr Geschlecht ist und sich genau damit identifizieren wollen. Da muss nur ein Kind sagen „Du trägst eine Mädchen-Hose“ und schon landet die pinke Hose auf dem Index. Ich kann immer wieder erklären, dass alle Farben und alle Spielsachen für alle Kinder da sind und das entsprechend anbieten, aber es bringt aus meiner Sicht nichts, aktiv gegen die Wünsche des Kindes anzugehen. Ich hoffe einfach darauf, dass auch diese starke Identifikationsphase nur eine Phase ist…

Und zum Schluss: du setzt dich stark für finanzielle Bildung ein, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Wie früh sollten Eltern beginnen, ihre Kinder in finanzielle Themen einzuführen, und was sind gute erste Schritte? Und wie können Eltern sicherstellen, dass sowohl Söhne als auch Töchter gleichberechtigten Zugang zu finanziellem Wissen und Verständnis erhalten?

Dana: Eltern sollten schon früh mit Kindern über Geld sprechen – das ist leider immer noch oft ein Tabu-Thema. Das geht zum Beispiel beim Einkaufen, indem ich mit meinem Kind Preise vergleiche oder wir schätzen, wie teuer ein Einkauf ausfallen wird.

Taschengeld ist zudem ein gutes Mittel, um Kindern einen guten Umgang mit Geld beizubringen. Bereits mit 6 Jahren kann ein Kind durch wöchentliches Taschengeld von einem Euro den ersten Umgang erlernen. Wichtig dabei ist, dass das Kind selbst entscheiden darf, wofür es das Geld ausgibt. Natürlich darf ich als Mutter beraten, aber die Entscheidung sollte beim Kind bleiben. Nur so lernt das Kind auch aus Fehlentscheidungen und kann sein Verhalten anpassen. Außerdem sollte das Taschengeld immer bedingungslos sein. Taschengeldentzug sollte es einfach niemals geben. Das wäre finanzielle Gewalt – und das wollen wir unseren Kindern nicht vorleben.

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